Sabine Tschudin, woran merken Patient*innen und deren Angehörige in den Psychiatrischen Diensten soH als Erstes, dass sie es mit einem selbsthilfefreundlichen Spital zu tun haben?
Aufmerksame Patient*innen, deren Angehörige und Besucher*innen bemerken bereits beim Betreten der Klinik, dass im Eingangsbereich und in der Wartezone entsprechende Auszeichnungskleber befestigt sind und blaue Plakate der Kontaktstelle der Selbsthilfe des Kantons Solothurns hängen. Die Patient*innen werden während ihres (teil-)stationären Aufenthaltes im Minimum zweimal von Pflegefachpersonen in Gesprächen auf die Angebote der Selbsthilfe aufmerksam gemacht und mit Flyern dokumentiert. Auf den Stationen hängen Poster mit relevanten Informationen. In unserer Angehörigenarbeit wird ebenfalls diesbezüglich informiert.
Zur „Selbsthilfefreundlichkeit“ gehört auch, dass Betroffene aus Selbsthilfegruppen beim Erarbeiten der Massnahmen auf Augenhöhe mitwirken. Wo und wie wird das jetzt, nachdem die Massnahmen schon seit einiger Zeit umgesetzt werden, am deutlichsten spürbar?
Es finden weiterhin Sitzungen mit Vertreter*innen der Selbsthilfegruppen (Resonanzgruppe) statt, in welchen weitere Verbesserungsmöglichkeiten oder sonstige Ideen besprochen werden. Einige melden sich auch von sich aus, um neue Flyer von Gruppen vorbeizubringen – das finde ich persönlich sehr schön. Zudem erhalten Betroffene aus Selbsthilfegruppen mehrmals pro Jahr die Gelegenheit, in geeigneten "Gefässen" der Klinik (Foren, Weiterbildungsveranstaltungen etc.) über verschiedene sie betreffende Themen zu referieren. Im Weiteren finden Informationsveranstaltungen über bestehende Gruppen für die Patient*innen auf den Stationen statt.
Es gab auf dem Weg zur Selbsthilfefreundlichkeit wohl auch einige Herausforderungen zu meistern. Welche waren dies, und wie gelang es Ihnen, diese zu bewältigen?
Das Zusammenbringen der drei unterschiedlichen Sichtweisen stellte sicherlich eine Herausforderung dar, zumal der Alltag einer Psychiatrie für die meisten der am Projekt Beteiligten fremd war. Die Vorstellungen des Machbaren divergierten zu Anfang sehr. Mit vielen Gesprächen und dem sich näher Kennenlernen wuchs das Verständnis füreinander und das Vertrauen ineinander. So ergaben sich mit der Zeit auch persönliche und humorvolle Gespräche, was von allen sehr geschätzt wurde. Auch Corona stellte natürlich eine Herausforderung bei der Umsetzung der Massnahmen dar – auch hier war das Verständnis aller für die Situation entscheidend.
Was ist für Sie persönlich das „Highlight“ bei der Umsetzung der Selbsthilfefreundlichkeit?
Das Gefühl, an einem Projekt beteiligt zu sein, das die Gesundheitsförderung und die soziale Integration von psychisch kranken Menschen miteinschliesst, gerade zu einer Zeit, in der Zusammenhalt enorm wichtig war und ist.
Ich habe tolle Menschen kennengelernt und wertvolle Bekanntschaften machen dürfen. Das "Klima" war stets geprägt von Engagement und Verständnis, alle haben an einem gemeinsamen "Strang" gezogen.
Wir danken Ihnen ganz herzlich für das Interview!
Interview: Elena Konstantinidis, Nationale Leitung Projekt "Gesundheitskompetenz dank selbsthilfefreundlicher Spitäler"