„Selbsthilfe und Selbsthilfegruppen sind ein Teil des Ganzen geworden“, schrieb uns ein Spital, das 2021 als „selbsthilfefreundlich“ ausgezeichnet wurde.
Die Aussage bringt auf den Punkt, mit welcher Motivation sich im vergangenen Jahr ganz verschiedene Menschen im Rahmen unseres Projekts engagierten: Selbsthilfegruppen als selbstverständlicher Teil des Angebots während und nach einem Spitalaufenthalt. An zwanzig Standorten arbeiteten Spitäler, freiwillig engagierte Patient:innen und Angehörige aus Selbsthilfegruppen, sowie Fachpersonen der regionalen Selbsthilfezentren zusammen, um diese Vision umzusetzen.
Im Verlauf der Pilotprojektphase (2017-20) konnten wir gemeinsam mit Fachleuten und Betroffenen das optimale Vorgehen für die Förderung der Selbsthilfe im Spital erarbeiten:
In einem „Kooperationsdreieck“, bestehend jeweils aus Vertretern und Vertreterinnen der Selbsthilfegruppen, Mitarbeitenden des Spitals und des regionalen Selbsthilfezentrums, wird gemeinsam ein massgeschneiderter Massnahmenplan entwickelt und umgesetzt, um die durch Selbsthilfe Schweiz definierten Qualitätskriterien des „selbsthilfefreundlichen Spitals“ zu erreichen. Werden die Massnahmen während eines Jahres erfolgreich umgesetzt, so kann das Spital die Auszeichnung „Selbsthilfefreundlich“ bei Selbsthilfe Schweiz beantragen.
Seit Anfang 2021 kann dieses Modell nun dank der Zusammenarbeit mit der Projektförderung PGV von Gesundheitsförderung Schweiz in der ganzen Schweiz ausgerollt werden.
Wie sieht dies in der Praxis aus? Einige Beispiele:
- Bei der Psychiatrie Baselland ist eine betroffene Person aus einer Selbsthilfegruppe konstant im Qualitätsteam vertreten
- Bei den psychiatrischen Diensten der Spitäler Solothurn wurde von Klinik und Selbsthilfegruppen gemeinsam ein Fahrdienst installiert, der Patienten den Besuch von Gruppentreffen ermöglicht
- Beim Tumorzentrum des Unispitals Basel berichten Betroffene und Angehörige aus den Selbsthilfegruppen regelmässig an Patienten-Informationsveranstaltungen über Ihre Erfahrungen mit der Erkrankung, der Behandlung im Spital, und über die Vorteile von Selbsthilfegruppen
- Bei der integrierten Psychiatrie Winterthur werden vier Mal jährlich alle an der Behandlung Beteiligten per Infobrief über neue Selbsthilfegruppen aufmerksam gemacht
- Im Universitären Kinderspital beider Basel wurde eine attraktive Info-Wand neu gestaltet, auf der stets die aktuellen Flyer über Selbsthilfegruppen vorhanden sind
- Beim Spital Thun STS wurde das Pflegeteam Onkologie durch das Selbsthilfezentrum direkt zum Thema Selbsthilfe geschult.
Vergleichbare Massnahmen werden in allen beteiligten Spitälern umgesetzt, je nach konkretem Bedarf.
Unser Ziel ist es, bis 2024 achtzig Spitäler zu involvieren, die «selbsthilfefreundlich» bzw. auf dem Weg dahin sind. Dazu wurde seitens der nationalen Projektleitung bei Selbsthilfe Schweiz ein Handbuch für die Selbsthilfezentren erarbeitet, attraktives Informationsmaterial (print und online) erstellt und der Aufbau des Netzwerks mit wichtigen Partnerorganisationen angegangen. 2021 durften wir 3 Spitäler zum ersten Mal und 3 bereits zum zweiten Mal (nach der Pilotphase) auszeichnen. Insgesamt sind derzeit 7 Spitäler als „selbsthilfefreundlich“ ausgezeichnet.
Seitens der Spitäler ist grosses Interesse spürbar, aktuell schwergewichtig im Psychiatrie- und Onkologiebereich. Weitere Spitäler, die Interesse angemeldet haben oder bereits involviert sind, arbeiten in den Fachbereichen Gynäkologie/Geburtshilfe, Pädiatrie, Urologie, Rehabilitation, Rheumatologie und Dermatologie.
Die Covid-Pandemie und daraus resultierende Belastung des Gesundheitswesens stellt eine Herausforderung für das Projekt dar. Wir sind jedoch zuversichtlich, mit weiteren Massnahmen unsere Ziele zu erreichen. Insbesondere wird eine Intensivierung der Vernetzung und Kommunikation über das Projekt angestrebt sowie eine Ausdehnung auf die französische Schweiz.